Hausarztmedizin und Gesundheitsversorgung

Kursort: Bern
Unterrichtssprache: Englisch
Anmeldschluss Einzelmodulteilnahme: 1 Woche vor Modulbeginn
Kosten: Zweitagesmodul CHF 500, Einzeltagbuchung CHF 280

Ziele des Moduls:
Teilnehmende

  • können geschlechtsspezifische Besonderheiten in einer Auswahl von Themen der Primärversorgung erkennen (Schmerzmanagement, Prävention, Versorgung älterer Patienten)
  • entwickeln ein kritisches Bewusstsein für gängige Geschlechterstereotypen, die die klinischen Aktivitäten und das Management von Patient:innen in der Primärversorgung beeinflussen können
  • können Gewalt in Paarbeziehungen in die von Allgemeinmedizinern zu behandelnden Gesundheitsthemen einbeziehen
  • erwerben Wissen über die spezifischen Bedürfnisse von LGBT+ Menschen in der medizinischen Grundversorgung
  • führen reflexive Übungen durch, um zu erkennen, wie die eigene soziale Position die Beziehung zu anderen in der klinischen Praxis beeinflusst

Inhalt des Moduls:

Geschlechtsspezifische Besonderheiten in der medizinischen Grundversorgung sind gut bekannt und dokumentiert. So werden beispielsweise kardiovaskuläre Symptome bei Frauen seltener erkannt, während Depressionen bei Männern weniger angesprochen werden und diese unterbehandelt bleiben. Tatsächlich können geschlechtsspezifische Unterschiede während der gesamten Konsultation auftreten: bei der Anamneseerhebung, bei der Prävention, bei der Überweisung an Spezialist:innen oder bei der Schmerzbehandlung. Darüber hinaus müssen die Anbietende der medizinischen Grundversorgung geschlechtsspezifische Aspekte wie Gewalt in Paarbeziehungen oder die Besonderheiten und Bedürfnisse von LGBT+-Personen angemessen berücksichtigen.
Dieses Modul soll einen Überblick über die geschlechtsspezifischen Unterschiede im weiten Bereich der medizinischen Grundversorgung geben und Instrumente zur Behandlung geschlechtsspezifischer Fragen im Umfeld der Allgemeinpraxis vermitteln.

Konkret umfasst das Modul folgende Blöcke:

  • Primärversorgung und Familienmedizin

Wie lässt sich Gender in die klinische Praxis einbeziehen? Identifizierung und Diskussion von geschlechtsspezifischen Besonderheiten und Geschlechterstereotypen anhand der Schritte des klinischen Denkens in der Primärversorgung, d. h. Anamneseerhebung, körperliche Untersuchung und Laboruntersuchung, Erstellung von Differentialdiagnosen und Behandlung von Patienten. In diesem Block werden geschlechtsspezifische Bedürfnisse und Herausforderungen im Patientenmanagement sowie häufige geschlechtsspezifische Vorurteile diskutiert.

  • Schmerzbehandlung

Die Schmerzbehandlung ist ein Bereich, in dem derzeit Daten darüber gesammelt und verbreitet werden, dass Frauen und Männer nicht gleichermassen mit Schmerzen konfrontiert sind. Biologische Faktoren, wie z. B. Hormone, können die Schmerzverarbeitung beeinflussen, und soziale Faktoren (Geschlechternormen und -stereotypen) wirken sich stark darauf aus, wie Schmerzen von den Betroffenen ausgedrückt werden, aber auch darauf, wie sie von den Angehörigen der Gesundheitsberufe behandelt werden. Diese Aspekte werden in diesem Block erörtert.

  • Prävention

Es wurden geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Teilnahme an Primärpräventionsmaßnahmen beschrieben, wobei Männer tendenziell weniger teilnehmen. Geschlechtsspezifische Unterschiede werden auch in der Risikowahrnehmung und in der sozialen Repräsentation von Gesundheitsrisikofaktoren in der Bevölkerung beschrieben. Sollten Präventionsmaßnahmen solche geschlechtsspezifischen Unterschiede berücksichtigen und Ansätze, Ziele und Botschaften geschlechtsspezifisch anpassen? In diesem Block werden wir bestehende Ansätze, Möglichkeiten und Herausforderungen diskutieren.

  •  Alter (YM)Geschlechtsspezifische Unterschiede akkumulieren sich im Laufe des Lebens und führen zu erheblichen Unterschieden in der Art und Weise, wie ältere Männer und Frauen Gesundheit, Gesundheitsversorgung und Funktionseinschränkungen erleben. Unterschiede bei bestimmten Diagnosen und der Verschreibung von Medikamenten werden ebenso beleuchtet wie die Auswirkungen von Unterschieden im sozialen Kontext zwischen älteren Männern und Frauen.
  • Gewalt in Paarbeziehungen (NRG, JLB)Die Daten über Gewalt in Paarbeziehungen zeigen, dass Frauen stark belastet sind. Das ökologische Modell der WHO zum Verständnis der Risikofaktoren und als Anleitung zur Prävention wird vorgestellt. Den Hausärzt:innen kommt in Zusammenarbeit mit den kantonalen und regionalen Netzwerken eine Schlüsselrolle zu.
  • Palliativmedizin (SE)Bei der Vorbereitung auf das Lebensende und der medizinischen Vorausplanung zeigen sich Unterschiede nicht nur in den Altersgruppen, sondern auch im Geschlecht. Die meisten der verfügbaren Daten stammen jedoch aus Studien mit Männern, Daten von Frauen fehlen oft. Wir diskutieren Gründe und mögliche Folgen für die Grundversorgung.
  • LGBT+ in der medizinischen Grundversorgung (EV)Management von LGBT+ Menschen in der Allgemeinmedizin (von der Kommunikation bis zu spezifischen klinischen Bedürfnissen). Ziele des Blocks: Ausbrechen aus dem alten binären Paradigma; Verstehen der Auswirkungen von Stigmatisierung und Diskriminierung auf die Gesundheit von LGBT+ Menschen; Bewusstwerden der Einschränkungen beim Zugang zur Gesundheitsversorgung und Verstehen der Schlüsselkomponenten zur Schaffung eines sicheren und einladenden Umfelds; Sensibilisierung für die wichtigsten somatischen und psychischen Gesundheitsrisiken, die für LGBT+ Menschen erhöht sind; Verstehen der Bedeutung der Korrelation von Geschlecht und Anatomie; Diskussion von Beispielen, bei denen das Wissen oder die Unkenntnis des Trans-Status ebenfalls zu einem erhöhten Risiko führen kann.
  • Kommunikation, Interaktion zwischen Patienten und Anbietern (RMV)

Dieser Block ist reflexiv und interaktiv. Die Teilnehmer werden aufgefordert, individuell über ihre Positionalität (ihre Identität in Bezug auf Geschlecht, Alter, Klasse, ethnische Zugehörigkeit, Fähigkeiten, Beruf/Disziplin, sexuelle Orientierung usw.) nachzudenken und darüber, wie diese soziale Position die Beziehung zu anderen in der Pflegepraxis beeinflusst. In Gruppen werden wir diskutieren, wie Positionalität und Reflexivität genutzt werden können, um implizite Vorurteile in der Pflegepraxis zu erkennen und zu kontrollieren.